70 Jahre Luftbrücke Wiesbaden Erbenheim 10.06.2019

 

Vor 70 Jahren, am 12.Mai 1949, gab die Sowjetunion die Blockade der Landverbindungen nach den 3 Westsektoren Berlins auf.  Dies gilt offiziell als Ende der Berliner Luftbrücke, obwohl die Versorgungsflüge bis zum 30. September 1949 weiter geführt wurden.

 Als Antwort auf die einseitige Währungsreform und die Einführung der D-Mark  in den Westzonen und den Westsektoren Berlins hatte die Sowjetunion Westberlin in der Nacht vom 23. Auf den 24. 6. 1948 von allen Straßen-, Schienen-  und Wasserverbindungen zu den Westzonen abgeschnitten. Der US Militärgouverneur General Clay, der übrigens sein Hauptquartier im Hotel „Hamburger Hof“ in Wiesbaden hatte, wollte Westberlin unbedingt halten und die 2,5 Millionen Westberliner aus der Luft versorgen.  Die Luftbrücke begann  am 26. 6. 1948 mit viel Enthusiasmus, aber schlecht geplant. Das änderte sich ab Juli 1948 als General Major William Tunner und sein Stab von Wiesbaden aus  die Leitung der Operation „Vittels“ übernahm. Tunner hatte bereits die Versorgung der alliierten Truppen aus der Luft in China „over the hump“, den Himalaja, erfolgreich organisiert. Auch wurden die C-47 die Anfangs die Hauptlast trugen durch größere, viermotorige C-54 Skymaster abgelöst, die aus Übersee in Frankfurt und Wiesbaden zusammengezogen wurden. Auf dem Höhepunkt der Luftbrücke flogen die Transporter im Abstand von 15 Minuten Tempelhof an und waren nach einer Bodenzeit von 49 Minuten wieder auf dem Rückflug. Die RAF flog von ihren Basen in der britischen Zone.  Geflogen wurde alles, was eine Großstadt braucht: Lebensmittel, Medikamente aber auch Kohle, Treibstoff, Ersatzteile und Maschinen.

 

So wurden zwischen Juni 1948 und September 1949 auf 270.000 Flüge über 2 Millionen Tonnen Fracht nach Berlin geflogen. Auf den leeren Rückflügen wurden Tausende Berliner, meist Kinder und ältere Menschen evakuiert. Dies hatte aber auch seinen Preis: 39 Briten, 31 Amerikaner und 8 Deutsche verloren bei der Luftbrücke ihr Leben.

Da zu den D-Day Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Landung Alliierten in der Normandie im Juni 2019 zahlreiche C-47 und DC3 (mehr über DC3 und C-47 hier) teilweise aus Übersee anreisen sollten (geplant waren 40 dieser Oldtimer, es wurden dann aber "nur" etwas über 20, aber immerhin), hatte der „Förderverein Luftbrücke Berlin 70“ die Idee, diese Flugzeuge, die auch noch am Anfang der Luftbrücke flogen,  für Luftbrücken Events  an den historischen Standorten zu versammeln. Den Auftakt bildete am Pfingstmontag die Veranstaltung in Wiesbaden Erbenheim. Events in Fassberg, Jagel  und Nordholz folgten. In Berlin gab es wegen des Desinteresses der Stadtregierung nur einen Überfluge der Oldtimer.

Bereits am Sonntag waren abends zahlreiche Enthusiasten an den Erbenheimer  Flugplatzzaun gekommen, um die einfliegenden C-47 und DC3 zu beobachten und fotografieren. Alleine der Sound der Pratt& Whitney Sternmotoren war die Reise wert!

 

Am Pfingstmontag konnten dann bis zu 40000 Besucher die 18 „Rosinenbomber“ teilweise aus nächster Nähe begutachten. Einige Flugzeuge durften besichtigt werden. Dort bildeten sich lange Schlangen. Natürlich hatten die Luftbrückenflugzeuge 1948  keine D-Day Streifen mehr und den roten Streifen im blau/weißen Hoheitsabzeichen. Mit „Betsy ´s Biscuit Bomber“ war ein echter Luftbrückenveteran ausgestellt, der aus Paso Robles, California, nach Europa gekommen war.

 Nur wenige bemerkten, dass sich mit der Li2  ein Flugzeug der ehemaligen Widersacher  unter den historischen Flugzeugen befand, Die Li2 war der sowjetische Nachbau der DC3 und stand im Dienst der roten Armee und ihrer Verbündeten und war bei Fluggesellschaften im Ostblock im Einsatz. Die Li 2 in Wiesbaden trug die historische Lackierung der ungarischen Malev.

Ab 10:30 starteten dann 5 DC3 und C-47 in den bewölkten Junihimmel. Nach mehreren Formations-Überflügen gesellte sich eine sechste C-47 dazu, die schließlich von 4 T6 Trainern zur Landung eskortiert wurde. Als Passagier befand sich einer der letzten lebenden Luftbrücken-Piloten, der legendäre  Gail Halvorsen,  an  Bord. Begegnungen mit ausgehungerten Berliner Kindern inspirierten Halvorsen damals, Süßigkeiten an kleinen Fallschirmen über den am Flughafenzaun stehenden Kindern abzuwerfen. Der Ausdruck  candy bomber / Rosinen Bomber  war in aller Munde und wurde zum Synonym für die Douglas Transportflugzeuge der USAF. Zünftig wurde sein Flugzeug von der Platzfeuerwehr und einem Fahrzeug der Erbenheimer Feuerwehr mit Wasserfontänen begrüßt. Großer Jubel brandete dem 98 jährigen Halvorsen entgegen, als er im historischen Jeep stehend durch die Menge gefahren wurde.

Überhaupt gab es neben den Flugzeugen viele historische Militär LKW zu sehen. Eine C-47 wurde mehrfach mit Care Paketen und Kohlesäcken von Vorfeldarbeitern in historischen Uniformen be- und entladen.

 

Etwas enttäuschend fand ich, dass keine modernen Transportflugzeuge ausgestellt waren. Ein Vergleich C-47/C-17 oder C-130 wäre sicher reizvoll gewesen.  Es gibt ja sogar eine C-17, die auf den Namen "Spirit of Rhein Main" getauft ist.

Da Erbenheim jetzt ein Army Airfield ist, konnte man aber einen Black Hawk und einen Apache Hubschrauber der US Army sowie eine Beech C-12 besichtigen. Die Flugzeuge waren  so umlagert, dass man keine vernünftigen Fotos machen konnte.

Das Nachmittagsprogramm endete nach Fallschirmsprüngen und Formationsflügen mit einem „Candy Drop“. Die Flugzeuge warfen an Fallschirmen befestigte Süßigkeiten ab und Kinder durften sie  wie 1948/49 aufsammeln.

Alles in allem eine tolle Veranstaltung mit historischen DC3 und C-47, die man in dieser Menge in Europa wahrscheinlich nicht mehr sehen wird.

Fotos und Text: Ernst Kögel